„Wir sind morgen, was wir heute tun / Wir gehen weiter, es geht weiter“, singt Johannes Falk in dem Song „Hallo Leben“, und schon ist man mittendrin. In einer leidenschaftlichen, glücklich machenden Musik. In Liedern, in denen sich die Sehnsucht nach Freiheit nicht geschlagen gibt. In einem Album, dessen aufrichtiges Gefühl tief berührt. Wir hören eine Stimme, die um die Errungenschaften der neuen deutschen Popmusik weiß, sie aber um eine neue Fassette ergänzt. Volles Glück voraus: hallo, Johannes Falk.
Vieles auf „Von Mücken und Elefanten“, dem neuen Werk von Johannes, wird von einer riesengroßen Euphorie getrieben. Zum Beispiel „Dein Herz“, in dem sich jemand aus dem Schmerz erhebt und sich vom Leben in den Arm nehmen lässt. Alles neu, alles offen, alles möglich: Man saugt diese Lieder auf, weil der Trost in ihnen nicht billig ist, sondern aus der Tiefe kommt. Weil sich da jemand nichts schönredet und trotzdem die Schönheit feiert, die uns umgibt. Und weil man sich wiedererkennt – zum Beispiel in dem schonungslos ehrlichen „Wortlos“, in dem ungesagte Worte zu Mauern zwischen zwei Menschen werden, die vorher unzertrennlich waren.
Johannes Falk, der Kämpfer: In vielen dieser Lieder wird sich durchgeackert durch die harte Erde, durch Geröll und Unterholz, zurück zum Leben und zur Freiheit. Aber auch: Johannes Falk, der Liebende. Ein federleichter Moment, eine Ahnung von Zuhause, eine Beziehung, die durchträgt – manches in dieser Musik ist wie ein Geschenk. Und dann ist da diese unerhörte Verschwiegenheit – Johannes trägt sein Herz nicht einfach so auf der Zunge, sondern wählt jedes Wort mit Bedacht. Lieber mal die Klappe halten, als unnötig quatschen. „Für mich geht es auf dem Album darum, dass es sich lohnt zu warten“, erklärt Johannes, „auf das Glück, auf den Neuanfang und darauf, dass die Dinge sich drehen. Natürlich ist das ein Risiko, aber ich will es eingehen. Max Frisch hat mal gesagt, dass alles besser ist als ein Leben, das nicht gelebt wurde – das trifft es für mich.“
Das hier ist Musik mit dem Prädikat „besonders wertvoll“. Diese Lieder sind kein flüchtiges Poptagesgeschäft – heute in der Spotify-Playlist, morgen vergessen. Das hier bleibt, weil es schon da war, und weil es Wurzeln hat, die weit in die Tiefe reichen. Johannes kennt die Dinge, von denen er erzählt, nicht nur vom Hörensagen – er hat sie selbst erlebt. Dieses Album ist wie einen Schatz im Garten, von dem man keine Ahnung hatte. Oder wie ein guter Whiskey, den man beim Fachhändler kauft, nicht mal eben schnell an der Supermarktkasse. Alles hier hat Gewicht, Poesie und künstlerische Gravität. Hören Sie mal, wie sich die Musik in der schmerzhaft ehrlichen Seelenschau „Granaten“ zu einem mächtigen Crescendo auftürmt und wie sich der Sänger aufbäumt gegen die Angst, die Sorge, den Zweifel: Das hier ist echt.
Wer so singen kann, tut es nicht erst seit gestern. Johannes hat zwei Alben veröffentlicht, war u. a. mit Philipp Poisel und den Söhnen Mannheims auf Tournee und hat Songs für andere Künstler geschrieben, u. a. für Laith Al-Deen. Der jüngste Sohn einer dreizehnköpfigen russlanddeutschen Familie wuchs im manchmal zu engen Umfeld christlicher Gemeinden auf – eine Sozialisation, auf die er sich oft seinen eigenen Reim gemacht hat. Zum Beispiel auf dem Album „Pilgerreise“ (2012), für dessen Vorbereitung Johannes pilgern geht, sich die Füße wund läuft und schließlich ein Konzeptalbum über die Suche nach Wahrheit und Glück schreibt. Zwei Jahre später folgt das mit Florian Sitzmann (Söhne Mannheims, Nena) produzierte Album „360°“, eine gedankenweite, berührende Song-Sammlung, die die Reife des Künstlers dokumentiert. Es folgen zwei schwierige Jahre, in deren Verlauf Johannes klar wird, dass er sowohl persönlich als auch künstlerisch im christlichen Markt keine Zukunft mehr hat. Aber das ist nicht alles: Beziehungen stehen auf dem Prüfstand, Träume müssen ausgeträumt oder neu belebt werden, alles steht in Frage, und nebenbei gerät auch noch die Welt aus den Fugen. Hallo, Leben.
Aus dem Nachdenken und Neubewerten ist ein außergewöhnliches Album geworden. Gemeinsam mit Produzent Udo Rinklin (Laith Al-Deen, Lina Maly, Philipp Poisel) kreiert Johannes Falk auf „Von Mücken und Elefanten“ einen hochmodernen Sound, der klein und zerbrechlich sein kann, aber auch hymnisch groß. Wir hören Johannes’ Liebe zum harmonischen Genie der Beatles („Federleicht“) und dem intelligenten Liedschreiberpop von Künstlern wie Bosse oder Clueso („Leben ist Leben“). Vor allem aber hören wir die Handschrift von einem, der seinen eigenen Klang über die Jahre entworfen und verfeinert hat. Gemischt wurde das Album von Michael Ilbert (Adele, Katy Perry, BOY, Herbert Grönemeyer).
„Ich habe während der Arbeit an diesen Songs an mir selbst und den Menschen um mich herum beobachtet, wie schwierig die Dinge werden können“, sagt Johannes, „Beziehungen gehen kaputt, Lebensentscheidungen erweisen sich als problematisch – ich wollte das alles genau ansehen und verstehen.“ Aus diesem ehrlichen Blick wächst auf „Von Mücken und Elefanten“ die Entschlossenheit, sich trotz aller Widrigkeiten ein Stück Leichtigkeit zurückzuholen. Auch wenn man dafür kämpfen muss.
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