Die Impericon Never Say Die! Tour geht in die 12. Runde und machte vergangenen Sonntag Halt in Berlin, nun im beschaulichen Columbia Theater. Das hierzulande größte Metalcore-Festival tourt mit einem wie gewohnt starken Line-Up quer durch Europa: Dieses Jahr leisten fünf abwechslungsreiche Gruppen den beiden Headlinern Being As An Ocean und Northlane tatkräftige Unterstützung.
Den Anfang machten die Newcomer Thousand Below aus San Diego. Souverän präsentierten sie die gefühlvollen Tracks ihrer Debut- EP The Love You Let Too Close, in der vor allem Frontmann James den Suizid seines besten Freundes verarbeitete. Obwohl sie mit ihrer Gründung im Jahre 2016 eine noch recht junge Gruppe sind, überraschten die Jungs mit einem professionellen Auftritt, der energetisch und intensiv zugleich war. Die diverse Banderfahrung der einzelnen Mitglieder, die sich in diesem Post-Hardcore Projekt zusammenfanden, war deutlich zu erkennen und mündete in einer würdigen Opening Performance für das namhafte Festival.
Nachdem Currents als Support Act von Miss May I 2018 bereits in Europa unterwegs waren, durften sich dieses Mal endlich auch die Berliner Fans freuen: Das Metalcore-Quintett startete sofort mit mitreißenden Breakdowns und energiegeladenen Screamings, die Menge bebte und eingefleischte Fans schrien und sprangen sich die Seele aus dem Leib.
Daraufhin ging es emotional weiter: Die Post-Hardcore Band Casey stimmte mit melancholischen Melodien und fesselnden Vocals eine ganz andere, unvergleichlich familiäre Atmosphäre an. Trotz geringer technischer Schwierigkeiten, die gepaart mit der scheinbar angeschlagenen Stimme von Frontsänger Tom ein wenig Gemurmel über die Akustik erzeugten, legten Casey eine solide, äußerst gefühlsbetonte Performance an den Tag. Tom, der der Menge im Schlafanzug gegenüber stand und zwischen einzelnen Tracks einen Tee schlürfte, sprach ganz auf Augenhöhe mit dem Publikum und wies auf die Anwesenheit der Hope For The Day Organisation bei der Impericon Never Say Die! Tour hin. Die US-amerikanische Organisation setzt sich für die Destigmatisierung von Depressionen ein und hat sich als Ansprechpartner und Aufklärer in der Szene mittlerweile einen Namen gemacht. Tom selbst habe bereits mehrfach mit Suizidgedanken zu kämpfen gehabt und wisse, wie es sei, sich trotz Freunden und Familie verlassen zu fühlen. Ergriffen ermutigte er Betroffene, Hilfe anzunehmen und gemeinsam daran zu arbeiten – denn es ist “okay, not to be okay”.
Hope For The Day -Gründer Jonny Boucher betonte dies daraufhin abermals, wobei er auch gezielt an die Männer appellierte: Emotionen seien kein Anzeichen von Schwäche, Gefühle zu zeigen mache uns nur stärker und wie im Moshpit sollen wir füreinander da sein, wenn jemand am Boden liegt.
Nach einer kräftigen Runde unterstützenden Applaus stürmten Polar die Bühne, die mit lautem, dynamischem Hardcore die gesamte Location zum Rasen brachten. Anfang November veröffentlichten die Jungs aus England ihre neueste Single Drive, und mit Vorfreude auf das für Frühjahr 2019 angekündigte neue Album ließen sich die Fans zu brachialen Riffs im Moshpit treiben.
Es folgte der deutsche Metalcore-Exportschlager Alazka, der vielen noch als Burning Down Alaska bekannt ist. Obwohl die Gruppe aus Recklinghausen verhältnismäßig häufig in Berlin anzutreffen ist, konnte sich ihr energiegeladener Auftritt auf jeden Fall sehen lassen: Eine unermüdliche Bühnendynamik, animierende Ansagen und eine hochkarätige Darbietung ihrer beliebtesten Tracks überzeugten auf aller Linie.
Das feierwütige Publikum sang im Einklang mit und war nun ordentlich aufgeheizt für Northlane, die die Bühne im Anschluss betraten. Die Australier überzeugten mit progressiven Klängen, starken Breakdowns und rauchigen Screamings, und zu den peitschenden Gitarren intensivierte sich der Moshpit inmitten der kleinen Location, die bis zu 800 Menschen fasst. Durch ihren Auftritt bei der exklusiven Impericon Never Say Die! Tour Promo Show in Bonn, zu der lediglich 100 Tickets unter Besitzern einer Tourkarte verlost wurden, hatte sich die die Band bereits im August einen besonderen Platz im Herzen der treuesten Fans des Metalcore Festivals ergattert.
Zu guter Letzt leitete eine anmutige Lichtshow die Performance von Melodic Metalcore Ikonen Being As An Ocean ein, die episch inszeniert, aber dennoch sehr authentisch ein eindrucksvolles Bühnenbild kreierten und zusätzlich durch ihre markanten Sprechgesangs-Passagen eine einzigartige Gänsehaut-Atmosphäre schufen. Und als ob die erstklassige musikalische Leistung der Band nicht bereits euphorisierend genug war, brachte zudem der Vocalist Joel den Begriff Publikumsinteraktion auf ein neues Level: Beinahe unentwegt entdeckte man ihn am Wellenbrecher und schließlich auch inmitten der Menge, während die Band den soliden, ausdrucksstarken Sound aufrecht erhielt. Die Halle war elektrisiert, pure Ekstase vermischt mit wallenden Emotionen und die durch die Musik geschaffenen Verbundenheit erfüllte das gesamte Theater.
Konzertveranstalter Avocado Booking schaffte somit gemeinsam mit Impericon abermals einen gelungenen Metalcore-Abend, der das Vermächtnis der in der Szene bereits legendären Never Say Die! Tour erfolgreich fortsetzte.
Bericht: Phuong Ly Dao