Welcome to the Riot! Zum sechsten Mal öffnete das Eintagesfestival Elbriot im Herzen der Hansestadt seine Pforten. Trotz scheinbar ruhelosen Internetdiskussionen über die Qualität des Line-Ups füllte sich der Großmarkt hinter dem Mehr!Theater nach und nach. Sobald die Gäste einen recht langen Fußmarsch rund um die Halle hinter sich gebracht haben, wurden sie mit praller Sonne, guter Laune und kühlem Bier belohnt. Zu Freuden aller erlaubte der Betreiber das Mitbringen von Tetra Paks mit Getränken – sogar ein Lunchpaket pro Person durfte mit auf das Gelände gebracht werden.
Ein Impericon-Stand mit den berühmt berüchtigten Überraschungs-Bandshirts durfte natürlich nicht auf dem Gelände fehlen, aber auch unter anderem Clubkinder, die wieder fleißig Spenden für den guten Zweck sammelten, die Wacken Foundation sowie die Jungs von Second Bandshirt waren vor Ort, um für das Nebenprogramm zu sorgen.
Nachdem am Freitag die Location bereits im Rahmen des ersten Hammaburg Fests mit Folk- und Mittelalter-Rock Musik erfüllt wurde, überraschte das Elbriot dieses Jahr mit einem außergewöhnlich durchmischten Line-Up.
Lautstark machten die Jungs von Our Mirage den Start: Knapp ein Jahr frisch überzeugten die vier Newcomer mit souveräner Bühnenpräsenz, starken Riffs und erstklassigen Vocals. Post-Hardcore vom Feinsten, und definitiv eine musikalisch positive Überraschung, denn die Skepsis war groß, als die Veranstalter eine knappe Woche vor dem Festival die den wenigsten bekannte Band als Opener ankündigte. Nach diesem überzeugend starken Auftritt darf sich ihr Debüt-Album, welches am 24. August erscheint, auf jeden Fall größerer Beliebtheit erfreuen.
Nach dem melodischem Progressive Death Metal der New Yorker Uncured, die sich mit einer Mischung aus harmonisch idyllischen Melodien, aggressiven Riffs und schroffen Growling von ihrer besten Seite zeigten, folgte ein Auftritt voller Überraschungen.
Jamey Jasta heizte dem Publikum mit seiner selbstbewussten, energiegeladenen Art so richtig ein. „Are you in mosh retirement?!“, fragte er ironisch, worauf das Elbriot nur unisono lautstark verneinte. Der Hatebreed-Frontmann, nun hier mit seinem Soloprojekt Jasta, bot uns nicht nur kraftvolle Performances – auch sorgte er dafür, dass das ein oder andere Metalcore Herz für einen Moment aussetzte. Denn niemand geringeres als Ex-Killswitch Engage Sänger Howard Jones stand plötzlich auf der Bühne und unterstützte Jamey dabei, den rasenden Circle Pit am Leben zu erhalten. Als die Zuschauer schon fast nicht mehr zu halten waren, legte Jamey noch einen drauf und holte Gitarristen-Legende Dino Cazares und Kingdom of Sorrow Kollegen bzw. Crowbar-Frontmann Kirk Windstein zu sich. Bombastische Stimmung machte sich breit, und bis hinter an die Dixi-Klos wurde aus dem leichten Fußwippen ein Headbang-Moment.
Kaum konnten sich die Zuschauer von dem unerwarteten Star-Aufgebot erholen, stürmte schon der Metalcore-Geheimtipp aus Ohio die Bühne. Mit Infection, dem ersten Vorgeschmack auf das kommende Album Disease, leiteten Beartooth fulminant ihren Gig ein. Einprägsame Refrains, rasende Drums und der ausgewogene Mix aus Clean-Vocals und Screamings unterzeichneten die außergewöhnliche Stellung der Band in der aktuellen Hardcore-Szene. Vor der Bühne bebte die Menge, ein Moshpit nach dem anderen bildete sich und euphorische Stagediver schwebten über dem See aus Fans. Es war ein aggressiver Hardcore-Auftritt wie aus dem Bilderbuch, geschmückt durch eine Setlist mit Klassikern wie Beaten In Lips und Neuerscheinungen wie Disease. Den krönenden Abschluss bildete eine dynamische Darbietung ihres Hits In Between, nachdem sich Beartooth vom Elbriot verabschiedete.
Im Anschluss am Black Metal der norwegischen Gruppe Satyricon zeigten die Besucher, dass sie entgegen aller Metalheadklischees offen sind für Neues: Skindred überwand die Skepsis vieler alt Eingesessener, denn die einzigartige Mischung aus Hip Hop, Reggae und Metal überzeugte in Kombination mit der charismatischen Art des Vocalists Benji Webbe, der umhüllt in Glitzer und Nieten die Bühne unsicher machte. Schon bald wurde die Menge in den Bann gezogen und tanzte ausgelassen in der Mittagssonne. Mit einer Metal-Katze im Hintergrund sang Benji in Begleitung hunderter von Musikliebhabern das, was der ein oder andere Rockfanatiker schließlich zugeben musste: That’s my jam!
Die bereits 36 Jahre junge Trash Metal Band Suicidal Tendencies zeigten daraufhin, dass sie es nach all der Zeit immer noch drauf haben. Zwischen rasanten Passagen und energetischen Riffings erinnerte Mike Muir immer wieder daran, wie wichtig es ist, hartnäckig zu bleiben und immer wieder aufzustehen, wenn das Leben einen zu Boden wirft. Zum Abschluss ihres Auftritts füllten die Jungs die gesamte Bühne mit Fans und feierten gemeinsam ihre Musik, die vor allem in den Achtzigern mit ihren Skate-Punk und Hardcore Einflüssen die Metalszene aufmischte.
Zu guter Letzt verabschiedete sich das Elbriot mit dem besten Melodic Death Metal, den Schweden zu bieten hat: Die heiß ersehnten Headliner Arch Enemy eroberten die Bühne für sich und eingebettet in einer intensiven Lightshow schrie sich als (leider einzige) Powerfrau des Abends Alissa White-Gluz die Seele aus dem Leib. Die Masse raste auf und ab, das rote Licht loderte zu den rasanten, starken Riffs und mit schallendem Applaus ging ein rockig-lauter Festivaltag zu Ende.
Bericht: Phuong Ly Dao, Fotos: Robin Dickerson